Blog von Äbtissin Christiana Reemts

Irgendwo las ich den Satz: „Jemanden versuchen heißt, ihn in eine Situation bringen, in der sich das Nein zu Gott nahelegt.“ Damit muss nicht die Versuchung zum Abfall vom Glauben gemeint sein, wir sehen an der Sündenfallgeschichte in Gen 3 und an der Versuchung Jesu, dass die Versuchung meistens eher darin besteht, dem anderen nahezulegen, sich selbst an die erste Stelle zu setzen.
 
Es geht bei der Fastenzeit nicht primär um Verzicht, sondern im Gegenteil um den Weg zur Fülle. Unser Leben soll uns nicht genommen, es soll gewandelt werden, Gott will unser Klagen in Tanzen verwandeln. Wir wollen zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens, doch Gott will uns hinauf nach Jerusalem führen. Darin liegt die Tragik der gesamten Heilsgeschichte und wohl auch jedes einzelnen Lebens: Gott will uns groß und unendlich glücklich machen und wir wollen lieber in einem Winkel unser eigenes kleines Reich aufrichten.
 
Eigene Pläne verfolgen, auch wenn es Widerstände gibt, sie vielleicht aufschieben, aber - wenn es um Wichtiges geht - nicht einfach vergessen. Nicht zu viele lose Fäden lassen. Das ist die eine Seite. Die andere: Lernen, Pläne aufzugeben. Ganz bewusst und ohne Groll. Es muss auch Blüten geben, aus denen keine Früchte wachsen. Zerstörerisch ist dagegen die illusionäre Aufschieberei: „Vielleicht nächstes Jahr“, vage und ohne klaren Vorsatz. Dagegen sollte man kämpfen.
 
Verloren gehen (vgl. 1 Kor 1,18) ist das Normale, es ist keine Strafe, sondern einfach das, was am Ende auf uns wartet, der Lauf der Dinge. So wie die meisten Menschen glauben: „Und es kommt nichts nachher...“
Gerettet werden ist das große, ganz unverdiente Geschenk.
 
Es gibt Schweres, das gut und heilsam ist und das wir einander zumuten dürfen und müssen (vgl. 2 Kor 7,10). Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie problematisch die oft zu hörende Aufforderung ist: „Schau, ob es dir gut tut.“ Impliziert ist, dass ich etwas, was nicht unmittelbar zu Freude, Ruhe, Vergnügen, Glück führt, lassen sollte, denn mein Glück ist der absolute Maßstab für gut und böse.  Aber ist es das?
Die Kirche feiert als ihre hervorragendsten Glieder die Märtyrer, also Menschen, die ihr Leben für Christus hingegeben haben. Wenn sie ihr Leben nach diesem Maßstab, ausgerichtet hätten, dann wären sie keine Märtyrer geworden. Tatsächlich würden die meisten von uns vermutlich das Weihrauchopfer für den Kaiser bringen und sich auf den Standpunkt stellen, dass Gott wohl kaum von uns verlangt, das eigene Leben hinzugeben um eine solche kleine Untreue zu vermeiden. Immer wieder stellt sich die Frage, wo der Maßstab, wo die Mitte ist? Bin ich es oder ist es Gott?