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Blog von Schwester Christiana

01. November 2024

Wir beten im Vaterunser „Dein Wille geschehe“ und werden zugleich von Jesus gefragt: „Was willst du, das ich dir tun soll?“ (Mk10,51). Nur wenn ich wirklich weiß, was ich will, kann ich gehorchen, d.h. meinen Willen dem Willen Gottes unterordnen. Ganz gehorsam war nur Jesus, denn nur er war wirklich frei.
Doch viele Menschen - es ist hart, das zu sagen - wollen keine Freiheit, denn Freiheit bedeutet zu wählen und d.h. Verantwortung zu übernehmen. Freiheit ist verpflichtender als Unfreiheit, ja bindet in gewisser Weise mehr. Wer diese Bindung ablehnt, versteht unter Freiheit die Möglichkeit, in der jeweiligen Situation das zu tun, was gut, angenehm und erfüllend erscheint. Das aber ist Beliebigkeit, nicht Freiheit.

29. Oktober 2024

Auch für Getaufte gibt es nach wie vor den Angriff der „Mächte“. Als Christen sind wir ihnen aber nicht mehr schutzlos ausgeliefert, denn in Christus haben wir „Zugang zum Vater“; genau diesen Zugang wollen die Mächte blockieren. Taufe ist Herrschaftswechsel, Befreiung aus der Sklaverei des Bösen und Rückgabe der Entscheidungsfreiheit, die es unter der Sünde nicht gibt. Als getaufte Christen sind wir frei, wir können und müssen uns entscheiden. Die Erlösung gibt uns die Möglichkeit, das Gute zu tun, doch sie zwingt uns nicht dazu.

25. Oktober 2024

Wiedergelesen: Heinrich Schlier, Mächte und Gewalten im Neuen Testament. Daraus zwei Zitate:
„Sünde ist... nach dem Neuen Testament Vollzug des Lebens nach Maßgabe jenes Geistes, der das Welthafte und das Welt-Sein als Ewiges erscheinen lässt“ (Eph 2,2f).
Der Teufel weiß, dass er nur noch wenig Zeit hat (vgl. Off 12,10), bzw. dass er nur noch die Zeit und nicht mehr die Ewigkeit hat. Das erfüllt ihn mit Angst und Wut. „Die Zeit, ausgelegt... durch den Geist der Angst, fängt nun - seit Christus - an zu eilen, erst langsam, dann in einem großen Schub auf einmal immer schneller. Auf einmal werden große Anstrengungen spürbar, Zeit zu gewinnen, in der Zeit und mit der Zeit mitzukommen, die Zeit einzuholen, die immer schneller entrinnt. Zeitangst erfüllt mehr und mehr die Atmosphäre der Geschichte. Zu ihr gehört auch und gerade das inmitten allen Zeitbewußtseins und ihm entgegen aufgetretene Übersehen der eigenen Zeitlichkeit und der Traum einer eigenen Ewigkeit“.

22. Oktober 2024

In meinem Glauben gibt es Zeiten des Verstehens, in denen sich die Dinge aneinander fügen und Zeiten der Verborgenheit, in denen ich mit dem Psalmisten sagen muss: „Das ist mein Schmerz, dass die Rechte des Höchsten so anders handelt“ (Ps 77,11). Anders als ich denke, dass es gut wäre, anders als ich verstehe, wohin Gott uns führen will, anders als ich Gott früher kennen gelernt habe.
Immer wieder muss ich neu begreifen: „Durch das Meer ging dein Weg, dein Pfad durch gewaltige Wasser; doch deine Spuren erkannte man nicht“ (Ps 77,20). Ich erkenne Spuren, die auf dich hinweisen, ich kenne ihn, der der Weg ist, aber immer wieder führt dieser Weg durch das Meer und alles verschwimmt und es bleibt nur der Glaube. Doch was heißt hier „nur“?

16. Oktober 2024

Augustinus erklärt, dass der Begriff „unschuldig“ (innocens), von „nicht schaden“ (non nocere) kommt. Unschuldig ist jemand, der weder sich selbst noch einem anderen schadet, denn alles Böse schadet nicht nur den Opfern, sondern auch den Tätern. In der lateinischen Bibel lautet Ps 10 (11),5: „Wer Ungerechtigkeit liebt, hasst seine eigene Seele.“ Sünde ist in ihrem Wesen Selbsthass, natürlich schadet man anderen Menschen, weil man egoistisch etwas vermeintlich Gutes für sich selbst will. Aber fast noch mehr als anderen schadet der Sünder sich selbst, indem er sich zu einem Menschen macht, der aus der Liebe Gottes, ja aus der Schöpfungsordnung herausfällt, er wird zu einem Un-Menschen oder sogar zu einem Un-Ding, was furchtbar ist. 

13. Oktober 2024

In seinem Apostolisches Schreiben „Evangelii gaudium“ warnt Papst Franziskus vor dem, was er „spirituelle Weltlichkeit“ nennt. Sie besteht darin, sich zwar nach außen hin für die Kirche einzusetzen, im letzten aber den eigenen Vorteil und das eigene Ansehen zu suchen und nicht die Sache Jesu Christi (vgl. Phil 2,21). Wer könnte sich davon ganz freisprechen? Um diese spirituelle Weltlichkeit zu vermeiden, muss ich immer neu die Geister unterscheiden: Ist das, was ich tue, denke, verkünde wirklich vom Geist Gottes eingegeben und damit das der Welt gegenüber Fremde, oder verbräme ich, was die Welt denkt und für richtig hält, mit einigen theologischen Floskeln und behaupte, genau das sei auch die Meinung Christi und seiner Kirche? Es gibt kein Gespräch, keine Gruppe, keinen Aufsatz, wo ich mir diese Frage nicht stelle, denn ich bin auch Welt und d.h. dass das Denken der Welt mir spontan leichter fällt und leichter auf die Zunge kommt, als das Wort Gottes.