Blog von Äbtissin Christiana Reemts
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Wenn der, der mich kritisiert, selber Fehler hat, wird seine Kritik nicht automatisch gegenstandslos. Das wußte bereits Jesus, als er über Schriftgelehrten und Pharisäer seiner Zeit sagte: „Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen“ (Mt 23,3). Das könnte man heute zu vielen Verlautbarungen unserer Kirche sagen, aber auch auf junge Leute bezogen, die sich lautstark für das Klima einsetzen ohne ihren Konsum spürbar einzuschränken. Auch hier gilt: Was sie sagen, kann auch dann richtig sein, wenn sie selber inkonsequent sind.
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Heute einmal etwas ganz Profanes. Der Energiekonzern Shell und die Deutsche Bank konnten in 2022 ihren Gewinn mehr als verdoppeln. Uns und den meisten Leuten, die wir kennen, ist das leider nicht gelungen, wir wurden eher ärmer... Irgend etwas machen wir falsch... Oder vielleicht auch nicht?
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Im Moment bereite ich ein Glaubensgespräch vor, dass sich mit dem Thema Trinität beschäftigen wird. Zugrunde legen möchte ich Texte des mittelalterlichen Theologen Richard von Sankt Viktor. Während ich in den beiden vergangenen Jahren meist literarische Texte für diese Glaubensgespräche genommen habe, handelt es sich diesmal um einen theologischen Text, noch dazu mit einem sehr schwierigen Thema. Ich habe die Befürchtung, dass dabei ein Widerspruch entstehen wird zwischen dem Anspruch dieser Glaubengespräche, dass jede und jeder frei die eigene Meinung äußern kann und meiner Überzeugung, dass in der Theologie und ganz besonders bei der Gottesfrage nicht jede Meinung gleichberechtigt nebeneinander stehen bleiben kann. Das ist anders, wenn es um Texte von Goethe, Brecht oder auch Dietrich Bonhoeffer geht. Auch da kann es Fehlinterpretationen geben, aber man kann doch vieles zugleich akzeptieren. Beim Glauben der Kirche gibt es einen Punkt, wo das nicht mehr geht, sondern wo ich sagen muss, das ist wahr und das ist falsch. Wobei der Maßstab weniger meine eigene Einsicht ist, sondern letztlich das geoffenbarte Wort Gottes in der Tradition der Kirche. Trotzdem ist es schwer, in einer solchen Situation nicht überheblich, dogmatisch oder fundamentalistisch zu wirken. Wir sind in unserer Gesellschaft schon so daran gewöhnt, dass es keine Wahrheit, sondern nur Meinungen gibt, dass es schwer ist, das Gegenteil zu behaupten, ohne sich völlig zu disqualifizieren.
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Ein Amt, das dazu zwingt, Gehorsam zu fordern, erschöpft den, der es ausübt. Es ist nicht nur der Kampf mit dem anderen Menschen, sondern auch der Kampf mit dem eigenen Zweifel. Geht es mir um einen Machtkampf? Will ich nur mich und meine Autorität um jeden Preis durchsetzen? Könnte das, was der oder die andere will, nicht von Gott sein? Opfere ich einen Menschen einem Prinzip? Handle ich wirklich in Liebe und aus Liebe? Diese Frage ehrlich zu stellen, kostet viel Kraft und sicher kann man nie sein.
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Zum Mönchtum gehört Lesen, Studium, lebenslange Freude an geistiger Arbeit. Voraussetzung dafür sind sichere Beherrschung unserer Sprache in Wort und Schrift und vor allem die Fähigkeit, fließend und ohne allzu große Anstrengung zu lesen. Werden diese Kulturtechniken noch gelehrt, haben junge Menschen diese Voraussetzung? Ich fürchte, viele haben sie nicht. Gott kann aus Steinen Kinder Abrahams erwecken, er kann seine Kirche auf völlig neue Wege führen, aber manchmal habe ich die Sorge, dass es im gegenwärtigen Umbruch anders als zur Zeit der Völkerwanderung der Kirche und den Klöstern nicht möglich sein wird, die Kultur und ihre Schätze in die Zukunft mitzunehmen.
In unserer Bibliothek packt mich manchmal Trauer: Wer wird all diese Bücher lesen? Wird es nur noch das Internet geben wie für viele Menschen jetzt schon? Wird man irgendwann lernen, kontemplativ-nachdenklich am Bildschirm zu lesen, mit großen Pausen, träumend, nachsinnend - oder wird alles nur auf Machen angelegt sein? Konkret ausgelöst wurde dieser Gedanke durch den Besuch bei einem alten Priesters, der nicht mehr allein zurecht kommt und den nichts so sehr bedrückt wie die Frage, was aus seinen Büchern werden wird. Leider weiß ich, dass niemand sie braucht und will.
In unserer Bibliothek packt mich manchmal Trauer: Wer wird all diese Bücher lesen? Wird es nur noch das Internet geben wie für viele Menschen jetzt schon? Wird man irgendwann lernen, kontemplativ-nachdenklich am Bildschirm zu lesen, mit großen Pausen, träumend, nachsinnend - oder wird alles nur auf Machen angelegt sein? Konkret ausgelöst wurde dieser Gedanke durch den Besuch bei einem alten Priesters, der nicht mehr allein zurecht kommt und den nichts so sehr bedrückt wie die Frage, was aus seinen Büchern werden wird. Leider weiß ich, dass niemand sie braucht und will.