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Blog von Schwester Christiana

04. Juli 2024

Ich höre oft die Frage, ob ich nicht das Gefühl habe, im Kloster etwas zu verpassen. Nein, diese Sorge hatte ich nie, ich war immer schon davon überzeugt, dass es da, wo ich gerade bin, am interessantesten ist. Aus allem, was mir begegnet, kommt mir so viel an Wirklichkeit, Schönheit und Sinn entgegen, dass ich nicht in der Lage bin, diese ganze Fülle aufzunehmen, warum sollte ich mir wünschen, woanders zu sein? Natürlich weiß ich, dass ich objektiv gesehen ständig unendlich viel verpasse, aber die gut 8 Milliarden Menschen, die heute nicht an unserer Vesper teilnehmen, verpassen auch ganz viel.

28. Juni 2024

Immer wieder die Frage: Müssten wir als Kloster nicht in den Sozialen Medien präsent sein?
Immer wieder die Antwort: Eigentlich ja, denn sonst sind wir, vor allem für junge Menschen, nicht existent.
Und immer wieder die zweite Antwort: Schon jetzt zwingt uns die Digitalisierung zu immer größerer Geschwindigkeit und hindert uns am schweigenden Hören. Wieder in die „Wüste“ zu gehen, scheint mir für ein monastisches Leben - im Grunde für jedes christliche Leben - überlebenswichtig. Nicht einmal im Jahr ein paar Tage, sondern täglich.
Man muss sich entscheiden, nicht unbedingt zwischen gut und böse sondern zwischen dem einen Notwendigen und allem anderen.

25. Juni 2024

Je älter Menschen werden, umso schwerer fällt es ihnen oft, die jetzige Gesellschaft mit ihren Dynamiken nicht nur als dekadent wahrzunehmen. Unwillkürlich wird das, was man liest und hört, mit der eigenen Lebenserfahrung verglichen und dann davon ausgegangen, dass Menschen, die ganz anders leben, als es die eigenen Ideale vorgeben, nicht wirklich glücklich sein können. 
Ich würde mir für mich selbst wünschen, dass ich bis ins hohe Alter Menschen und Vorgänge - gerade auch in ihrer Fremdheit - interessiert und offen wahrnehme, ohne sie sofort zu beurteilen und in meine Erfahrungen einzuordnen. Das ist schwer, zumal der Anspruch bleibt, das Böse und Zerstörerische zu erkennen und zu benennen.

22. Juni 2024

Zur Zeit lesen wir den Propheten Jesaja, vor allem in den Kapiteln 13-34 ein extrem schwieriges Buch. Aber immer wieder gibt es Verse, bei denen ich aufhorche und sehnsüchtig wünsche, der Herr möge sie erfüllen. Das gilt z.B. für die Verheißung: „An jenem Tag wird der Herr der Heerscharen... zur Heldenkraft für die, die den Krieg zum Stadttor hinausdrängen“ (Jes 28,5f).

18. Juni 2024

Professor Sellmann wehrt sich gegen das Wort "beschimpft" in meinem Blogartikel vom 12.6., wenn er mir schreibt: "Ich lege Wert auf die Tatsache, dass ich niemanden beschimpft habe. Dies ist eine unzulässige Bewertung; wenn man meine Interviews zur Priesterstudie liest, kann man bemerken, dass ich mich um eine ausgewogene Bewertung der Lage bemühe. Mir geht es darum, dass die Priester, die wir in der Mehrzahl haben, gegen ihre Motivation einsetzt. Da haben beide Seiten eine Bring- und eine Holschuld. Ich würde mich freuen, wenn die Äbtissin das richtigstellt, denn so ist es nicht fair von ihr." Mit der Kritik an meiner Wortwahl hat er Recht, ich nehme den Ausdruck "beschimpft" hiermit zurück.

15. Juni 2024

Charismenorientierung bedeutet nicht, dass jeder nur das macht, was er selbst gerne möchte. Ich glaube im Gegenteil, dass die meisten Menschen ihre eigenen Charismen erst dann kennenleren, wenn sie Aufgaben übernehmen, die sie selbst nicht gewählt haben. Unser Selbstbild ist keineswegs immer unverzerrt, oft träumen wir uns etwas zusammen und leben an uns selbst vorbei. Vieles von dem, was ich in unserer Gemeinschaft an Aufgaben übernommen habe, hätte ich selbst niemals gewählt, aber es hat mich bereichert und letztlich glücklich gemacht. Trotzdem bleibt bestehen, dass man weder von Kaninchen verlangen kann, Gazellen zu jagen, noch von Löwen, zufrieden an Möhren zu knabbern.