Blog von Schwester Christiana
„Selig, die Frieden stiften‟ (Mt 5,9). Wie stiftet man Frieden? Wie gelingt es uns, dort wo es Streit und Auseinandersetzungen gibt, nicht noch Öl ins Feuer gießen, sondern zum Frieden hinzuführen? Das ist eine existentielle Frage, denn überall - im privaten Leben, in der Kirche, in unserem Kloster, in der Gesellschaft - gibt es Unfriede, immer gibt es unter uns Menschen das Bestreben, uns von den anderen abzusetzen, etwas Besondere zu sein, nicht in der Menge aufzugehen. Das war schon in der frühen Kirche so, wie wir in den Paulusbriefen deutliche erkennen.
Nochmal: Wie stiftet man Frieden? Sicher nicht, indem man über alles eine fromme Soße kippt und das Falsche nicht mehr falsch nennt. Aber vielleicht indem man sich bemüht nach dem Gemeinsamen zu suchen, statt das Trennende solange zu betonen, bis ein Abgrund klafft, . Das ist nicht leicht, aber denen die Frieden stiften, gilt die Verheißung: „... denn sie werden Söhne Gottes genannt werden“ oder mit anderen Worten: Sie sind wirklich Christen.
„Jemandem zu sagen, was du tust, ist nicht richtig, ist schon geistlicher Missbrauch.“ Dieser Satz, auch wenn er selten so klar ausgesprochen wird, gilt in unserer Kirche inzwischen unwidersprochen. Das Selbstbild und die Selbstbeschreibung eines anderen ist fraglos zu akzeptieren, will man nicht als übergriffig gelten. Aber kann es richtig sein, die Selbsttäuschung eines anderen zu übernehmen, selbst wenn man sie klar als solche erkennt?
Lesetipp: Abigail Favale, The Genesis of Gender. A Christian Theory (2022). Favale war Professorin für Gender Theories an einer amerikanischen Universität. Nach ihrer Konversion zur katholischen Kirche und der Geburt ihrer Kinder kamen ihr immer mehr Zweifel, ob sie das, was sie ihren Studenten und Studentinnen beibrachte, wirklich verantworten konnte. Nicht nur weil es mit ihrem Glauben an einen Schöpfergott nicht zu vereinbaren war, sondern auch weil sie auf einmal wahrnahm, wie viele Widersprüche es in den Theorien gab, die sie lehrte.
Das Buch ist für nächstes Jahr von Herder angekündigt, wobei ich mir kaum vorstellen kann, dass es wirklich erscheinen wird, zu weit ist es vom Mainstream - auch dem kirchlichen - entfernt. Ich finde es sehr lohnend, gerade weil Favale nicht eifernd auf ihrer Meinung besteht, sondern sich immer wieder auch Einwände macht und fremde Stimmen zu Wort kommen lässt.
Am Mittwoch hörten wir einen Vortrag über C.S. Lewis. Was zeichnet diesen Denker aus? Vor allem seine Radikalität im Durchdenken seiner eigenen weltanschaulichen Überzeugungen und seine Offenheit für neue Erfahrungen bis dahin, dass er den Mut hat wahrzunehmen, wo er in eine Sackgasse geraten ist. Viele Jahre schreckte Lewis vor der Annahme eines persönlichen Gottes zurück, weil er befürchtete, dass dieser ihm die Autonomie rauben würde. Er wollte keinen Gott, der sich in sein Leben einmischt und möglicherweise etwas von ihm verlangt, was er selbst nicht wollte. Doch dann kam er zu der Überzeugung: „We are not born to be free, but to obey und to adore.“
Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen will: Norbert Feinendegen, der uns den Vortrag hielt, hat ein sehr lesenswertes, allerdings nicht ganz einfaches Buch geschrieben: „Überrascht von Gott. Wie der große christliche Denker zum Glauben fand“ (Lüdenscheid 2023).
Die Lesungen aus dem Evangelium beginnen im Gottesdienst meistens mit der hinzugesetzten Einleitung: „in jener Zeit“. Das scheint mir nicht sehr glücklich zu sein,, denn dadurch werden die Taten und Worte Jesu in die Vergangenheit gerückt und machen ihn zu einem verstorbenen Weisheitslehrer. Er ist aber lebendig!