Blog von Schwester Christiana
Da ich einen kleinen Unfall hatte (nichts Schlimmes!) und nicht gut schreiben kann, muss ich diesen Blog für eine gewisse Zeit unterbrechen.
„Wir verkündigen nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen“ schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth (2Kor 4,5). Dieser Satz scheint mir für heute wichtig zu sein, denn geistlicher Missbrauch besteht genau darin, sich selbst zu verkündigen und nicht Jesus. Leider geschieht das guten Gewissens ständig.
Dagegen ist es kein geistlicher Missbrauch, Jesus zu verkündigen, auch wenn der andere oder die andere die Botschaft nicht hören will, vorausgesetzt er kann frei die Tür hinter sich zuschlagen und gehen. Es ist auch kein geistlicher Missbrauch, einem anderen zu sagen, dass er oder sie Unsinn redet, wir sind als Christen nicht verpflichtet, alles für gleich wahr und gut zu halten.
Manchmal frage ich mich allerdings, ob Paulus nicht heute Schwierigkeiten hätte, andere als zu seiner Zeit, aber mindestens genauso große…

Die Welt ist ein von blutigen Kriegen zerfetzter Planet, vielfach haben Narzissten die Regierungsgewalt. In unserem Land scheint freie Liebe für alle wichtiger zu sein als jede andere Frage (gab es das schon jemals in der Geschichte der Menschheit?), selbst als die Sorge für die kommende Generation. Und die Kirche passt sich an und verschwindet allmählich.
Ich kann Menschen verstehen, die sagen: „Korrupter, degenerierter Verein“ und sich abwenden. Aber ich kann nicht leben ohne die große Freude und die finde ich nur bei dem dreifaltigen Gott.
Viele sagen mir: „Ich kann auch ohne die Kirche Christ sein und an Gott glauben.“ Nein, kann man nicht, die Soziologie zeigt es. Man löst sich von der Kirche, eine zeitlang bleibt noch ein Restglaube, dann - spätestens in der 2. Generation - verschwindet auch dieser. Es gibt keine Gottesliebe ohne Freundschaft mit Christus, es gibt keine Freundschaft mit Christus ohne all die, die mir diese Freundschaft vorleben.
„Der Name ist einer, den niemand weiß, außer dem, der ihn empfängt (Off 2,17). Nun hat jeder Mensch nicht nur eine persönliche Beziehung zu Gott, jeder hat eine völlig einmalige Beziehung zu ihm. Er ist für Gott ein besonderes Geschöpf, nach seiner Eigenart geschaffen, wie keines sonst. Folglich kann er Gott auf eine Weise dienen, wie es sonst niemand tun kann“ (G.MacDonald).
Im Moment arbeite ich an Ps 100 (Ps 99),3 in der Deutung der Kirchenväter: „Erkennt: Der Herr ist Gott; er hat uns gemacht und nicht wir uns selbst“, eine Übersetzung, die nach der Einheitsübersetzung von 2016 durchaus dem hebräischen Text entspricht.
Mir scheint dieser Vers gerade für heute wichtig. Ich bin Geschöpf, d.h. ich verdanke Gott mein Leben, meinen Körper, mein Geschlecht, meine Intelligenz, alles, was ich bin und habe. Im Laufe meines Lebens muss ich lernen, mich selbst anzunehmen, was nicht einfach ist (vgl. das berühmte Buch von R. Guardini, Die Annahme seiner selbst). Auch Kinder, sagen die Kirchenväter, „machen“ wir nicht und - so würde ich hinzufügen - wenn wir es doch versuchen, versündigen wir uns an ihnen und an Gott. Nicht nur unsere Existenz, sondern auch alles, was uns im Leben möglich ist, ist Geschenk und nicht eigenes Verdienst. Wenn man heute von Selbstoptimierung spricht, würde das Augustinus als Pelagianismus ablehnen, als eine Form von latentem Atheismus.
Manchmal überraschen mich die Initiativen von Papst Franziskus, ja ich finde sie für einen Papst, von dem man eher „fromme“ Impulse erwartet, ziemlich originell. Zuletzt wieder sein Brief von 17.7.24: „Über die Bedeutung der Literatur in der Bildung“. Würde man diesen Text ganz kurz zusammenfassen, so lautete die Botschaft: Christen, lest mehr Romane und Gedichte!
Franziskus definiert Literatur: „Die Stimme von jemandem hören“ und erklärt: „Durch die Lektüre eines literarischen Textes werden wir in die Lage versetzt, durch die Augen der anderen zu sehen und erlangen so einen Blickwinkel, der unsere Menschlichkeit weitet.“ Ich glaube tatsächlich, dass das etwas ist, was nur Literatur leisten kann und was uns durch die Medien verloren zu gehen droht.
Es lohnt sich diesen Brief zu lesen, Sie finden ihn hier.