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Unbefleckte Empfängnis

Es gibt einen Text von Gregor von Nyssa, den ich schon einmal in Auszügen zitiert habe, mit dem ich mich aber neu beschäftige, weil ich ihn nächsten Samstag in einem von mir angebotenen Glaubensgespräch zugrunde legen möchte, und bei dem ich plötzlich dachte, dass er auch zum heutigen Hochfest der Unbefleckten Empfängnis passt. Denn oft stellt man sich Maria viel zu statisch vor, als sei sie immer und unwandelbar dieselbe gewesen. Ich glaube, das Gegenteil war der Fall, im Unterschied zu uns setzte sie dem inneren Wachstumkeine Hindernisse entgegen und lebte daher ungeheuer dynamisch.
„Es könnte einer behaupten, das Gute sei schwer zu erfüllen, da nur der Herr der Schöpfung unwandelbar ist, die menschliche Natur sich jedoch verändern könne. Wie ist es also möglich, mit einer wandelbaren Natur im Guten fest und unverrückbar zu stehen? 
Doch seine Wandlungsfähigkeit benutzt der Mensch keineswegs allein zum Bösen, dann wäre es ja unmöglich, dass er im Guten lebt, wenn er von Natur aus einzig zum Gegenteil geneigt wäre. Das Schönste, was die Wandlungsfähigkeit des Menschen vollbringen kann, ist das Wachsen im Guten, wobei jedesmal die Veränderung hin zum Besseren den, der sich wirklich ändert, zum Göttlicheren hin bringt. 
Also hat unsere Aussage erwiesen, dass das, was furchterregend zu sein scheint - nämlich die Wandelbarkeit unseren Natur - uns wie ein Flügel zum Flug hinauf zum Höheren führt, so dass es geradezu eine Strafe für uns ist, die Veränderung auf das Bessere hin nicht annehmen zu können. Daher darf man nicht wehklagen, wenn man in der Natur das erblickt, was zur Veränderung geeignet ist, sondern man soll sich zum Besseren hin verändern, von irdischem Ruhm zu himmlischer Herrlichkeit soll man seine Gestalt ändern und so umkehren, dass man Tag für Tag wächst, immer besser und vollkommener wird und doch nie an die letzte Spitze der Vollkommenheit gelangt. 
Denn das ist in Wahrheit die Vollendung, niemals im Wachsen zum Guten hin stehen zu bleiben und mit keinem Endpunkt die Vollkommenheit zu begrenzen“ (Gregor von Nyssa, Über die Vollkommenheit 15).