Fundraising
2006 habe ich nach der Begegnung mit einem Fundraiser, der uns helfen wollte, an Spenden zu kommen, dem Vorstand unseres Freundeskreises den folgenden Brief geschrieben, den ich hier leicht überarbeitet abdrucke:
„Ich habe über die Frage nachgedacht, warum wir Schwestern es überhaupt wagen, andere aufzufordern, uns zu unterstützen. Diese Frage berührt das Selbstverständnis unserer Abtei und scheint mir deshalb sehr wichtig. Wird sie falsch beantwortet, dann entsteht eine Situation, in der unser Selbstbild und das Motiv, aus dem heraus wir unterstützt werden, sich nicht decken. Eine solche Situation muss für das Sammeln von Spenden nicht sofort und unbedingt nachteilig sein, unsere Gemeinschaft und auch mich persönlich bringt sie jedoch in den Gewissenskonflikt zwischen der Treue zu unserer Berufung und der Sorge für den wirtschaftlichen Erhalt von Mariendonk.
Warum sollen Menschen uns unterstützen? Meiner Meinung nach nicht oder zumindest nicht in erster Linie, weil die Äbtissin sympathisch ist oder weil die Schwestern in ihrer Gästearbeit, ihrer wissenschaftlichen oder künstlerischen Arbeit viel leisten. All das ist schön und gut und für Menschen auch anziehend, es könnte sich aber auch ändern. Ich weiß nicht, ob wir in Zukunft in der Lage sein werden, viel nach außen hin zu leisten, aber selbst wenn wir das nicht mehr könnten, blieben wir ein benediktinisches Kloster.
Aus unserer Sicht liegt das Wesen unserer Gemeinschaft und damit auch der eigentliche Grund, den Menschen, die uns unterstützen, bejahen müßten, in dem, was Benedikt „Gottsuche“ nennt, d.h. in dem Bemühen in einer säkularisierten Welt einen Platz offenzuhalten für den Einbruch dessen, der unsere Welt transzendiert und aus ihrer Enge herausreißt. Auch wir Schwestern können Gott nicht beweisen, aber wir wollen mit unserem ganzen Leben Zeugnis davon geben, dass er lebt und dass wir ihm begegnet sind: in der Eucharistie, im Wort der Bibel und - paradoxerweise - auch in der Erfahrung seiner Abwesenheit.
Sie werden vielleicht sagen, das alles ließe sich nicht „verkaufen“, aber stimmt das? Im Nachdenken über die (vermuteten) Motive der Menschen, denen Mariendonk wichtig ist, denke ich, dass es viele gibt, die etwas Konkretes von uns erwarten: Gespräche, theologische Weiterbildung, eine schön gestaltete Liturgie, Kunsthandwerk, das geistlich durchdacht ist.
Es gibt aber auch Menschen, die nie in unseren Gottesdienst oder zu einer unserer Veranstaltungen kommen, die kein Gespräch mit uns suchen und auch nichts bei uns kaufen wollen und die uns trotzdem unterstützen, weil es ihnen wichtig ist, dass es uns gibt. Dahinter steht vielfach bei allen eigenen Zweifeln am christlichen Glauben die Überzeugung, dass es gut für unsere Welt ist, wenn irgendwo noch Menschen beten und versuchen, in der Stille zu hören.
Warum ich das alles schreibe? Weil ich nicht möchte, dass wir Mariendonk den Menschen - seien es Privatpersonen oder Firmen - als etwas anderes vorstellen als es ist: ein Haus, in dem Gott gesucht wird und das in der heutigen Zeit bei dieser Aufgabe die Hilfe vieler braucht. Wenn das „nicht zieht“, ist es mir - und hier spreche ich sicher für alle meine Mitschwestern - lieber, noch sehr viel ärmer zu leben, als dass wir vorgeben etwas anderes zu sein als wir sind.“
Ich finde das auch heute noch richtig.