Schriftlesung - Lectio DivinaSchwester bei der Schriftlesung im Chorgestühl

Christsein ist Dialog. Wir befinden sich in einem Gespräch, das so faszinierend und erfüllend ist, dass wir vor allem eines wollen: lernen immer besser zuzuhören, um möglichst wenig von dem, was Gott sagt, zu verlieren. Hören und antworten, fragen und Antwort bekommen, geliebt werden und zaghaft versuchen, wiederzulieben, füllt unser Leben so aus, dass vieles andere unwichtig wird.

Der Weg, durch den uns die Heilige Schrift zur geistlichen Nahrung und zur Quelle der Freude wird, heißt in der kirchlichen Tradition Lectio Divina und ist, wie es Gregor der Große formuliert hat, die Kunst, das Herz Gottes zu erforschen. Es geht darum,Gott immer besser verstehen zu lernen, ins Gespräch mit ihm einzutreten und ihm mit ganzem Herzen Antwort zu geben. Das Wort Gottes soll unseren ganzen Tag prägen, uns trösten und erfreuen. Allerdings werden wir auch von ihm gerichtet und erleben, dass es Forderungen an uns stellt, denen wir am liebsten ausweichen würden. Hier standzuhalten, bedeutet oft Kampf und ist immer wieder mühsam und schmerzhaft.

Lectio Divina ist die monastische Form der Meditation: „Der Mensch lebt von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes hervorgeht" (Mt 4,4). Von Tertullian ist das Wort überliefert, die Heilige Schrift müsse „durch das Ohr verschlungen, durch den Verstand zerkaut und durch den Glauben verdaut" werden, um so zur Leben spendenden Nahrung für uns zu werden.